Schwarze Sonne

Schwarze Sonne

Die Macht der Mythen und ihr Missbrauch in Nationalsozialismus und rechter Esoterik
mit umfangreicher DVD-Dokumentation

von Rüdiger Sünner

232 Seiten
Format: 15,5 X 25,5
Pappband mit Schutzumschlag
mit DVD
ISBN: 978-3-927369-44-3

Ein ungeschriebenes Kapitel in der Geschichte des Dritten Reichs: In einem der Kulträume der ehemaligen SS-Ordenszentrale Wewelsburg findet sich ein Runenzeichen, das von der rechten Szene als „Schwarze Sonne“ verklärt wird. Für Himmels Todesbrigaden war es vermutlich ein mystisches Symbol für Wiedergeburt und Erweckung des nordischen Geists. Das Buch erhellt den wenig untersuchten Zusammenhang von Esoterik, Mythologie und Politik des Dritten Reichs, indem er Einblick in SS-Archive, Originalliteratur und zeitgenössische Quellen gibt. Der Bogen, den er zur Gegenwart schlägt, ist für die aktuelle Auseinandersetzung mit rechten Tendenzen wichtig, denn solche Mythen leben in der neonazistischen Szene, in unreflektierten esoterischen Zirkeln und anderen Gruppierungen weiter. Das Buch zeigt aber auch, dass die Tabuisierung der nordischen Mythen keine Lösung ist, da sie zu unserer Kultur gehören. Das Buch ist ein Standardwerk zur rechten Esoterik. Es erschien seit 1999 in drei Auflagen im Herder Verlag. Der gleichnamige Dokumentarfilm von Rüdiger Sünner wurde viel beachtet und gehört zum Standardrepertoire der politischen Bildung. Der Film und weiteres Dokumentationsmaterial liegt dem Buch als DVD bei.

Schwarze Sonne
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Rezensionen

von Christoph Donarski am 01.02.2010 in Magazin Ikonen

Rüdiger Sünners inzwischen klassischer Dokumentarfilm SCHWARZE SONNE untersucht ausgehend von dem neuheidnischen Aufbruch um die Jahrhundertwende die mythologischen Wurzeln des Nationalsozialismus' und der aktuellen Esoterikszene.
Anhand historischer Schauplätze, zeitgenössischer Filmdokumente und Fotos analysiert er die Mythen von Ursprung und Überlegenheit der "Arier", den Entwurf und die Praxis der NS-Kultreligion und den Mythos des "Heiligen Gral". Eine Schlüsselposition kommt dabei der SS-Kult- und Schulungsstätte Wewelsburg zu, die in enger Verbindung mit dem heute wieder beachteten völkischen Okkultisten Willigut steht. Ebenso streifen Film und Buch die Entwicklung der NS-Esoterik nach 1945, die u.a. den Mythos der "Schwarzen Sonne" hervorbrachte. Die DVD (absolut MEDIEN) dieses bereits mehrfach im Fernsehen gezeigten Films bietet eine Fülle an Zusatzinformationen und ist technisch hervorragend gestaltet – vom etwas verrauschten Bild abgesehen. Das enthaltene Interview von Alexander Kluge mit dem Regisseur doppelt einige der Informationen, vermittelt aber ein sehr persönliches Bild dieses sympathischen Filmemachers. So lohnt sich diese Scheibe auch für Leute, die den Film bereits kennen.
Rüdiger Sünners erfolgreiches Buch zum Thema Schwarze Sonne: Entfesselung und Missbrauch der Mythen in Nationalsozialismus und rechter Esoterik, das inhaltlich weit über den Film hinausgeht – vor allem, was jüngere Entwicklungen betrifft – ist nun in einer gebundenen Neuauflage zusammen mit der DVD erschienen. In Ergänzung behandelt das Buch das Weiterwirken nordischer Mythen in neuheidnischen, okkulten und rechtsextremen Gruppen der Gegenwart. Darüber hinaus stellt es die Frage, ob und wie ein ideologiefreierer Umgang mit diesen Texten und Symbolen überhaupt möglich ist.
Die Neuauflage enthält ein ausführliches Nachwort, das zunächst Sünners eigene Erfahrungen in der Präsentation des Stoffes über die letzten Jahre enthält. Dabei setzt er sich u.a. mit Kritik aus rechten und linken Kreisen auseinander und zeigt sich sehr verwundert, wie fixiert sich beide Kreise von der Neomythologie zeigen - ob nun aus Begeiserung oder Dämonisierung. Diese Doppelmoral belegt er amüsant auf S. 82.
Zudem geht Sünner auf neue Popularisierungsstartegien ein, die im Kontext von Trivialliteratur ("Der Engel der Schwarzen Sonne"), Musicvideo (E Nomine) oder Computerspielen (RETURN TO CASTLE WOLFENSTEIN) zu finden sind. Neben einigen neuen historischen Aspekten verstärkt Sünner noch einmal sein Plädoyer für einen aufklärerischen aber respektvollen Umgang mit Mythologie und kulturellen Wurzeln - aber auch seine Kritik an dem unreflektierten Umgang mit neomythologischen Spekulationen auf ideologischem Hintergrund.
So kann man die Buch/DVD-Neuauflage von SCHWARZE SONNE als ultimative Edition bezeichnen und allen empfehlen, die sich kritisch mit völkischen Mythen auseinandersetzen wollen. Ein wichtiges und wahrhaft aufklärerisches Projekt.

 

von Sebastian Jüngel am 01.02.2010 in Das Goetheanum

Bedeutungssphären der Bilderwelten

"Man denkt über die Bilder nach, nicht aber in ihnen." Mit dieser Aussage benennt Rüdiger Sünner das Kernproblem beim Umgang mit Mythen. Sein Buch "Schwarze Sonne" wäre es nicht wert, zehn Jahre nach seinem Erscheinen - anlässlich der Neuauflage im neuen Verlag - vorgestellt zu werden, wenn es nicht solide Grundlagen für das Verstehen mythischer Bilder und ihres ideologischen Missbrauchs liefern würde. Sünner fordert eine "Wissensvertiefung der spirituellen Inhalte unserer Geschichte", damit diese nicht einfach von "rechten, esoterischen oder Fantasy-Kreisen besetzt" werden.

Sünner spürt dem "Resonanzfeld" des Nationalsozialismus und der Beziehung einzelner Nationalsozialisten zu den Mythen nach. Sünner geht davon aus, dass die Nationalsozialisten tiefere Bedürfnisse der Menschen aufgegriffen haben, und warnt vor einem zu einfachen Verständnis des Gebrauchs der Mythen im Nationalsozialismus. Dadurch erschließt er Anliegen von SS-Leuten wie Heinrich Himmler, ohne deren Taten zu entschuldigen. Deutlich wird dabei, dass in Adolf Hitler die Überzeugung eines Fortlebens nach dem Tod und in Heinrich Himmler die der Reinkarnation lebte. Gleichzeitig deckt Sünner mit analytischer Grundhaltung Rezeptionsprinzipien der rechten Szene auf und bescheinigt einem Mythenforscher, "mythische Vieldeutigkeit auf einen eindimensionalen Wahrheitsgehalt hin zu reduzieren".
Auch Sünner vermag nicht zu erklären, wieso das Bedürfnis nach Sonne, Heimat und Harmonie in der Wandervogelbewegung eher friedfertige Züge annahm, von den Nationalsozialisten aber für eine aggressive Kampfbereitschft missbraucht werden konnte. Er zeigt auf, wie die "NS-Esoterik nach 1945" im literarischen und popmusikalischen Bereich weiterlebt - womöglich begünstigt durch die Tabuisierung bestimmter Motive. Hier lässt Sünner, selbst Musiker (zuweilen recht) viel Verständnis durchklingen.
Sünners Darstellungen sensibilisieren für manchen Kritikansatz an Anthroposophen: Wer weiß, wie im Nationalsozialismus beispielsweise Mythen(deutungen) via Schulbücher weiterverbreitet wurden, kann verstehen, wer heute Epochenhefte in der Waldorfschule beispielsweise mit Darstellungen zu Atlantis kritisch anschaut. Oder wenn man mit Sünner daran denkt, wie die nationalsozialistische Propaganda "mit künstlerisch wirkungsvollen Mitteln mythologische Komponenten ihrer Weltanschauung in die breite Masse zu tragen" vermochte, kann einem aufgehen, wieso jemand Ideologieverdacht gegenüber anthroposophischen Bühnenprogrammen hegt, auch wenn im Sinne Sünners zwischen Wesen der Mythen und der Art ihres Ge- bzw. Missbrauchs unterschieden werden müsste.

Manche von Sünner gewählten charakterisierenden Formulierungen machen auf Wesenswirksamkeiten - etwa luziferischer und ahrimanischer Art - im Nationalsozialismus aufmerksam; sein Blick auf den Siegfried- und Baldur-Mythos zeigt, dass er in den Bedeutungssphären der Bilderwelten des Mythos zentrale Entwicklungsmomente des Menschen erkennt. Einzig schade ist, dass das Buch ohne Namens- und Sachregister auskommen muss.